Interview mit Berenice Böhner, Prokuristin und Phillip Nicolai, Leiter IT
EAD-Talk mit MKW über den Einsatz von Softwareplattformen zur Automatisierung und Effizienzsteigerung
Montag, 16. September 2024
| Redaktion
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Berenice Böhner, Prokuristin und Phillip Nicolai, Leiter IT von MKW
Berenice Böhner, Prokuristin und Phillip Nicolai, Leiter IT von MKW, Bild: MKW / Sven-André Goczyla

Die Produktionskontrolle in der industriellen Produktion in Echtzeit gewinnt zunehmend an Bedeutung. Denn die gewonnenen Daten ermöglichen es den Herstellern, sich ein detailliertes Wissen über die Produktionsprozesse zu verschaffen und damit die Effizienz der Produktion zu steigern. Die Softwarelösung „MK|Ware“ kann direkt an die heterogenen Systeme der Prozessautomatisierung angebunden werden. Im exklusiven EAD-Talk-Interview beschreiben Berenice Böhner, Prokuristin, und Phillip Nicolai, Leiter IT, von MKW, wie Unternehmen mit der Softwareplattform einen lückenlosen Überblick über ihre gesamte Wertschöpfungskette gewinnen und so die Effizienz durch verbesserte Arbeitsabläufe steigern.

Frau Böhner und Herr Nicolai, lassen Sie uns mit einem kurzen Überblick über Ihre Plattform beginnen. In welchen Bereichen wird die Software eingesetzt und wo liegen ihre Grenzen?

Berenice Böhner: Dem Einsatz von „MK|Ware“ sind kaum Grenzen gesetzt, da wir durch die vielen Module sehr flexibel auf alle Unternehmensbereiche eingehen können. So kann die Software auf dem Shopfloor in der Produktion beginnen und über die verschiedenen Hierarchieebenen mit jeweils unterschiedlichen Modulen nach oben arbeiten. Auf diese Weise bieten wir für nahezu jedes Unternehmen das passende Werkzeug, um das Optimum aus der Produktion herauszuholen.

Phillip Nicolai: Bisher haben wir uns mit der Software auf die diskrete Fertigung konzentriert, nicht aber auf kontinuierliche Prozesse, wie zum Beispiel die Herstellung von Klebstoffen. Das ist die einzige Grenze, die uns das System derzeit setzt. Die Software kann zum Beispiel in der Lebensmittelindustrie in allen Prozessen eingesetzt werden, sei es in Großbäckereien, bei der Abfüllung von Getränken oder bei der Herstellung von Konserven.

In Kürze startet in Nürnberg die Fachpack als Fachmesse rund um das Verpacken und Kennzeichnen. Welche Lösungen gibt es rund um den Verpackungsprozess?

Berenice Böhner: Mit dem Modul „MK|Label“ haben wir die Möglichkeit, Sekundärverpackungen, wie zum Beispiel Kartons, zu etikettieren. Sobald ein fertiges Produkt aus der Maschine kommt und über den Maschinenzähler als „in Ordnung“ bewertet und gezählt wird, erstellt „MK|Label“ die Etiketten anhand der vordefinierten Verpackungsdaten. Erst wenn die richtige Anzahl von Produkten pro Karton erreicht ist, wird der Druck ausgelöst. Anschließend werden Daten wie Chargennummer etc. übertragen und auf den Karton geklebt. So ist die Chargenrückverfolgung sichergestellt. Der gesamte Prozess ab dem Einbringen der Rohstoffe ist transparent. Man weiß also immer, welche Inhalte in der jeweiligen Charge verarbeitet wurden.

Phillip Nicolai: Der automatisierte Prozess ist hier ein enormer Fortschritt. Früher wurde die Feinplanung der Produktion in Excel durchgeführt. Dort haben die Mitarbeiter von Hand eingetragen, was produziert werden soll. Die fertigen Etiketten wurden dann von einer Person an die Maschine gebracht. Hier gab es ein hohes Fehlerpotenzial, zum Beispiel konnten Stapel verwechselt oder falsche Rezepturen von der Maschine gedruckt werden. Manchmal wurde auch einfach mehr produziert, als eigentlich benötigt wurde, weil der Produktionsprozess so gut lief. Mit Effizienz hat das wenig zu tun. Deshalb ist es im Zuge der Automatisierung wichtig, „MK|Label“ an die Feinplanung der Produktion anzubinden. So können die genannten Fehlerquellen eliminiert und die Produktivität gesteigert werden. 

Wie steht es mit der Datenhoheit? Muss der Kunde seine Daten in irgendeiner Form auf externen Servern laufen lassen, damit Ihre Softwareplattform funktioniert?

Phillip Nicolai: Wir beginnen auf dem Shopfloor und greifen mit der Software auf die proprietären Protokolle der Maschinenhersteller zu. Das gilt zum Beispiel für eine Siemens-Steuerung zum Einlesen der Adressen oder für den Zugriff auf das ADS-Protokoll bei Beckhoff. Eine weitere Transformation der Informationen ist somit nicht notwendig. Dies hat den Vorteil, dass nicht zwingend ein OPC-UA Server benötigt wird. Alle Möglichkeiten der absoluten oder inkrementellen Zählung laufen rein über die Konfiguration des Kunden. Dadurch wird die größtmögliche Flexibilität erreicht. Die Maschinensteuerung wird für die Erfassung dieser Informationen überhaupt nicht verändert. 

Das bedeutet für den Einsatz der Software: Je nachdem, wie die Maschine ihre Daten zur Verfügung stellt, greifen wir diese ab und wandeln sie dann in das VDI 5600-Protokoll um. Damit liegen die Daten auf einer Ebene und vor allem: ausschließlich beim Kunden. MKW stellt eine Datenstruktur zur Verfügung, die der VDI 5600 entspricht, aber die Datenhoheit hat definitiv der Kunde. Denn die Daten liegen lokal bei ihm. Dies ist insbesondere für die Echtzeitdatenverarbeitung bei schnellen Datenzugriffen in der Maschinensteuerung zwingend erforderlich.

Interview über Teams
Unser Interview über Teams

Gibt es besondere Anwendungen aus den verschiedenen Industrien?

Berenice Böhner: Derzeit wird unsere Software zum Beispiel in einer industriellen Großbäckerei eingesetzt, die Schnittbrotpakete herstellt. Hier kommen unter anderem drei Meter lange Brote aus dem Ofen und werden nach dem Schneiden in industriellen Brotschneidemaschinen in Zehnerpakete verpackt.

Phillip Nicolai: Gerade bei dieser Anwendung kam „MK|Label“ zum Einsatz, um die Chargenrückverfolgung zu realisieren. Man kann genau nachvollziehen, welche Rohstoffe in einem bestimmten Karton gelandet sind. Das ist wichtig für die Qualitätskontrolle. Bei Lebensmittelherstellern werden Rückstellmuster aufbewahrt. Diese werden einem Prozess unterzogen, der die Haltbarkeit der Ware beschleunigt, um mögliche Verunreinigungen zu erkennen und die entsprechende Charge frühzeitig zu sperren. Dafür sind solche granularen Informationen interessant. Man vermeidet, eine ganze Produktion aus dem Verkehr zu ziehen. Das heißt, je detaillierter bekannt ist, welche Rohkomponenten in welche Brotlaibe eingeflossen sind, desto gezielter kann in diesen Fällen gehandelt werden. Zwar laufen die Produktionsbänder in den Backstraßen in einem kontinuierlichen Prozess über mehrere Tage. Aber es lassen sich genau die Chargen identifizieren, die von Verunreinigungen betroffen sein könnten. So vermeidet man unnötige Produktverluste und letztlich auch Lebensmittelverschwendung. 

Neben Anwendungen in der Lebensmittelproduktion kommt unsere Software auch im Pharmabereich zum Einsatz. Dort sind die Anforderungen an die Hygiene ähnlich hoch, zum Beispiel bei steril verpackten Produkten. Wir haben einen Kunden, der seine Artikel vakuum- und steril in Schlauchbeutel verpackt. Ursprünglich wollte er mit der Software überprüfen, welches Produkt wo und wie verpackt wurde. Bei der Anwendung konnten verschiedene wichtige Zusatzinformationen gewonnen werden. So erhielt der Hersteller über die Chargendaten auch Informationen über das Spülmittel, das zur Reinigung im Produktionsprozess eingesetzt wurde - ob das Spülmittel noch über eine ausreichende Reinigungskraft verfügt oder ob es durch Ausgangsmaterialien verunreinigt ist. Zudem konnte bei Maschinenstörungen während des Produktionsprozesses festgestellt werden, welche Artikel länger im Produktionsprozess waren und welchen Einfluss die Durchlaufzeit auf die Artikel hatte, um Rückschlüsse auf Qualitätsmängel zu ziehen. Der Kunde erhielt somit einen Mehrwert in der Geschwindigkeit der Prüfungen.

Eine persönliche Frage zum Schluss: Sie sind beide beruflich viel unterwegs. Haben Sie eine gemeinsame Passion?

Berenice Böhner: Wir reisen beide sehr gerne, sowohl beruflich als auch privat. Dazu gehört auch eine Vorliebe für richtig gutes Essen. Unsere Geschmäcker sind zwar sehr unterschiedlich. Aber wenn wir gemeinsam unterwegs sind, finden wir immer etwas, das uns beiden schmeckt und uns beide zufrieden stellt. Das finden wir gerne in der asiatischen Küche, weil ich mich rein pflanzlich ernähre und mein Kollege eher auf Fleisch steht. Manchmal muss man schauen, aber bisher ist unsere Leidenschaft fürs Essen auch bei tagelangen Reisen nicht zu kurz gekommen. In diesem Zusammenhang haben wir noch ein gemeinsames Hobby: die Gartenarbeit mit der ganzen Familie. Hier kann man Neues ausprobieren, zum Beispiel biologisch gärtnern oder essbare Blumen züchten. Denn die sind immer ein Hingucker und verleihen jedem Gericht eine gewisse Raffinesse. 

Frau Böhner und Herr Nicolai, vielen Dank für das interessante Gespräch und die Einblicke!

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