Drei ABB-Sechsarm-Roboter übernehmen Proben-Handling im Analyselabor Eurofins

Automatisierung ermöglicht 400 Proben in 24 Stunden

Einer der IRB 1200-Roboter übernimmt das Durchmischen der Proben. Die kreisenden Bewegungen durch den Roboter simulieren dabei den im manuellen Prozess eingesetzten Vortexer.

Enge Taktzeiten sind in Analyselaboren an der Tagesordnung, denn ganze Prozessketten in der Wirtschaft hängen von einem pünktlichen und exakten Ergebnis ab. Um bei gleichbleibend hoher Qualität eine höhere Anzahl an Proben zu analysieren und die Labormitarbeitenden zu entlasten, hat Eurofins Dr. Specht Express ihre Pestizidanalytik mit einer Roboteranlage automatisiert. Unterstützung bekamen sie dabei vom Systemintegrator Elbatron, der auf die Automatisierungslösungen von ABB Robotics setzt. Ab sofort übernehmen drei Sechsachs-Roboter vom Typ „IRB 1200“ das Handling der Proben im Analyselabor.

„Wenn man einen Zuckerwürfel in den Bodensee wirft, kann Eurofins den Zuckergehalt im Bodensee nachweisen,“ so skizziert Rainer Herrmann, Geschäftsführer des ABB Value Providers Elbatron, mit einem Augenzwinkern den Präzisionsgrad seines Kunden Eurofins Dr. Specht Express. Das nach DIN 17025 zertifizierte Labor untersucht Lebens- und Futtermittel qualitativ und quantitativ auf insgesamt 800 verschiedene Pestizide. Wenn vormittags eine Probe eingeht, muss das zugehörige Analyseergebnis spätestens um 16 Uhr vorliegen. Denn von der Analyse hängen kritische Prozesse ab, etwa wenn ein Container mit Lebensmitteln im Hafen wartet oder eine Produktion stillsteht, bis die Probe untersucht wurde. Auch unter größtem Zeitdruck muss die Analysequalität verlässlich hoch bleiben.

Feinarbeit im Akkord

Bislang hat das Laborpersonal alle Prozessschritte bei der Pestizidanalytik manuell durchgeführt. Derart monotone, manuelle Aufgaben verlieren mit jeder neuen Generation an Mitarbeitern an Akzeptanz. Angesichts des Fachkräftemangels ist es für Arbeitgeber ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, dem Laborpersonal repetitive „Handarbeit“ abzunehmen. „Chemielaborantinnen und -laboranten haben Pipettieren und Titrieren gelernt, aber in der modernen Arbeitswelt ist es nicht mehr sinnvoll, diese Prozesse manuell durchzuführen“, erklärt Dr. Alexander Zahm, Geschäftsführer von Eurofins Dr. Specht Express. „Vielmehr entwickelt sich das Berufsfeld dahin, dass sie das Wissen aus ihrer Ausbildung anwenden, um Roboter entsprechend zu bedienen.“
Um die Kapazitäten der Labormitarbeitenden für anspruchsvollere Aufgaben freizusetzen und den steigenden Anforderungen an Qualität und Durchsatz gerecht zu werden, entschied sich Eurofins dafür, die Pestizidanalyse zu automatisieren. Eine inspirierende Erfolgsgeschichte fand sich im Schwesterlabor: WEJ Contaminants hatte bereits gute Erfahrungen mit der automatisierten Analyse von Lebensmittelproben auf Mykotoxine gemacht. Darüber entstand der Kontakt zu Elbatron, der auch mit der Sonderanfertigung für Eurofins beauftragt wurde. Der Systemintegrator unterstützt Eurofins seit 2016 bei der Industrialisierung individueller Laboranalytik.

ABB-Sechsachsroboter mit großer Reichweite, Arbeitshöhe und Bewegungsumfang für filigrane Applikationen

Eine zentrale Herausforderung bei der Konzeption der automatisierten Anlage war es, die komplexen Prozesse im Labor auf einzelne automatisierbare Bewegungsabläufe zu reduzieren. „Diese Anlage war unser erstes Automatisierungsprojekt, entsprechend häufig mussten wir umdenken“, erinnert sich Dr. Alexander Zahm. „Zu Beginn konnten wir uns kaum vorstellen, was uns der Roboter alles abnehmen kann. Wir haben uns gemeinsam mit unserem Partner Elbatron Stück für Stück an die Lösung herangetastet.“ Hinzu kommt der extrem hohe Anspruch an Genauigkeit in den Prozessen, insbesondere beim Dosieren. Hier kommt dem Labor der Umstand zugunsten, dass Roboter wesentlich weniger fehleranfällig sind als ihre menschlichen Kolleginnen und Kollegen.
Herzstück der neuen Anlage sind drei ABB-Sechsachsroboter vom Typ „IRB 1200“. Ihre große Reichweite und Arbeitshöhe, gepaart mit dem großen Bewegungsumfang prädestiniert sie für filigrane Applikationen dieser Art. Zudem passen die Dimensionen der Roboter gut zur Baugröße der Roboter-Anlage. Darin werden die Proben nun vollautomatisch mit einer hohen Präzision und Wiederholgenauigkeit bis zum messfertigen Probenextrakt aufbereitet.

Bis zu 400 Proben in 24 Stunden

Nach der Eingabe der Proben befüllen Roboter die Trays, die jeweils zehn Proben fassen. In einer Rüstzeit sind bis zu 200 Proben prozessierbar, insgesamt lassen sich in 24 Stunden bis zu 400 Proben bearbeiten. Nach der Bestückung mit Probenbehältern fahren die Trays mit den Proben an einem Fließband zur Dosierstation. Dort entnimmt ein Roboter mit einer Pipette die benötigte Menge Flüssigkeit. Die Dosierung erfolgt auf den Mikrometer genau. An den Probenbehältern sind QR-Codes mit Informationen zur Art der Probe angebracht, die vom Roboter gescannt werden. Nach Extraktion und einer Salzzugabe schüttelt ein Roboter die Probe. Anschließend wird sie in eine Zentrifuge mit insgesamt 16 Plätzen gegeben. Nach dem Zentrifugieren füllt ein Pipettierarm die behandelte Probe in die Vials. Die Mitarbeitenden im Labor müssen zum Schluss nur noch die messfertigen Vials entnehmen.

Vollautomatische Probenaufbereitung für die Pestizidanalytik

Ausgelegt wurde die Roboter-Anlage mithilfe der Planungssoftware „RobotStudio“. „,RobotStudio‘ ist ein wesentliches Argument für unsere Zusammenarbeit mit ABB, da kaum eine Software auf dem Markt unsere Anforderungen auf diesem Qualitätsniveau erfüllt. Besonders gerne greifen wir auch auf die VR-Funktion von ,RobotStudio‘ zurück“, berichtet Rainer Herrmann. Dank der Erfahrung von Elbatron in der Laborautomation und der Flexibilität der eingesetzten ABB-Roboter erfolgen jetzt auch komplizierte Arbeitsschritte automatisiert. Manuell erfolgt nur noch die Probeneingabe, und zwar so, dass die Anlage zwölf Stunden ohne weitere Eingriffe der Labormitarbeitenden autonom arbeiten kann. Das System ist darauf ausgelegt, auch einen 24-Stunden-Betrieb abzubilden, wenn ein wachsendes Auftragsvolumen dies in Zukunft erforderlich macht.

Schwankungsbreite der Ergebnisse sinkt unter fünf Prozent

Für Eurofins ist die robotergestützte Automatisierungslösung ein Gewinn auf ganzer Linie. Dank ihrer hohen Wiederholgenauigkeit und der geringen Fehlerquote im Vergleich zum Menschen helfen die Roboter dem Labor, immer striktere Qualitätsstandards zuverlässig einzuhalten. Im manuellen Prozess lag die Schwankungsbreite der Ergebnisse bei 20 Prozent. Mit der Roboteranlage ist sie auf unter fünf Prozent gesunken – bei einem höheren Durchsatz. Die frei gewordenen Kapazitäten nutzen die Labormitarbeitenden, um die Analyseprozesse weiter zu optimieren und neue Methoden der Pestizidanalyse voranzutreiben. In Zukunft ist es denkbar, die Anlage zu erweitern und auch weitere Schritte im Analyseprozess zu automatisieren. „Die Automatisierungslösung hat unsere Anforderungen voll erfüllt und bietet Potenzial für zukünftige Projekte“, resümiert Dr. Alexander Zahm.
 

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