Digitale Drehmomentüberwachung im Zeitalter von Industrie 4.0

Torque-Control 4.0 eignet sich besonders für Einsätze im Materialtransport

Mit der fortschreitenden Verbreitung von Industrie 4.0 Lösungen werden immer mehr Komponenten in die "Smart Factory" integriert. Durch die zentrale Erfassung von Daten, kann ein Echtzeitstatus der gesamten Produktionslinie aufgezeichnet, unwirtschaftliche Vorgänge und Abläufe können beseitigt und mögliche Fehler erkannt werden, bevor sie auftreten. Wie es möglich ist, dass ein einfacher Getriebemotor zukünftig in Industrie 4.0 Netzwerken integriert wird, wird nachfolgend beschrieben.

Bauer Gear Motor, Teil der Altra Industrial Motion Corporation, hat sein Produktportfolio um die Entwicklung von Torque-Control 4.0 erweitert, mit dem ein netzbetriebener Standard-Getriebemotor in die standardisierte, feldbusunabhängige Industrie 4.0 Kommunikationstechnologie integriert werden kann. Entwickelt wurde die Technik von Bauer-Ingenieuren, nachdem sie die Aufgabe erhalten hatte, eine Alternative zu mechanischen Überlastkupplungen zu finden. Entwicklungsingenieur Simon Seybold: “Ein langjähriger Bauer-Kunde hatte uns gebeten, eine wirksamere Lösung zur Drehmomentüberwachung und -steuerung für Fördersysteme zu entwickeln, mit einer verbesserten Leistung im Betrieb und verkürzten Ansprechzeiten bei Überlast. Wir haben alternative mechanische Lösungen evaluiert, aber schnell erkannt, dass eine elektronische Lösung der beste Weg ist.“

Torque-Control 4.0

Entwickelt unter dem Motto "Geared Motors Go Online", kann ein netzbetriebener Getriebemotor mit integrierter elektronischer Torque-Control 4.0 ausgestattet werden und über IO-Link in das Industrie 4.0 Netzwerk integriert werden. Die Innovation von Bauer bietet zusätzlich die Funktionalität eines Sanftanlaufs und eine Überlastkupplung sowie die Möglichkeit zur Erfassung von Betriebsdaten und deren Weiterleitung an das Leitsystem. Sie kann zum Schutz des Antriebsstrangs vor Überlast eingesetzt werden und lastabhängig die Magnetisierung des Motors optimieren und damit den Motorwirkungsgrad im Teillastbereich erheblich steigern. Die integrierte Elektronik ist als kompakte Lösung in einer geschützten Umgebung im Anschlusskasten des Motors untergebracht.

Torque-Control 4.0 führt zur Betriebszustandsüberwachung und selbstständigen Abschaltung des Drehmoments bei gleichzeitiger Bereitstellung von Zustandsdaten wie z.B. Strom, Spannung oder Wirkleistung. Die Parameter können so eingestellt werden, dass der Antrieb im Falle einer Überlastung abschaltet, um so Schäden am Antriebsstrang zu vermeiden. Gleichzeitig kann Torque-Control 4.0 den Anlaufstrom wie bei einem herkömmlichen Softstart begrenzen. Darüber hinaus kann Torque-Control 4.0 im Rahmen der kontinuierlichen Lastpunktüberwachung die Magnetisierung des Motors durch die Einstellung der Spannung ändern. Dadurch erhöht sich der Wirkungsgrad des Motors im Teillastbereich um bis zu 25 Prozent. Damit können alle netzgespeisten Bauer Getriebemotoren kostengünstig in ein Industrie 4.0 Netzwerk integriert werden, ohne dass ein Frequenzumrichter erforderlich wäre. Maßgeblich ist, dass das System die Lastdaten vom Getriebemotor in Echtzeit ermittelt, weiterleitet und diese Informationen an eine zentrale Steuerung übermittelt. Diese Daten können dann zentral verarbeitet werden. Über das Netzwerk kann der Betriebsmodus elektronisch ein- und ausgeschaltet werden. Damit kann die Effizienz einer gesamten Produktionslinie verbessert werden.

Vorteile im Betrieb

Mechanische Drehmomentbegrenzer, wie z. B. Überlastkupplungen, beruhen darauf, dass ein Antrieb bei einer gegebenen Drehmomentlast ausfällt und somit den Antriebsstrang schützt. Dies ist eine effektive, wenn auch einfache, Schutzmaßnahme für Anwendungen wie Fördersysteme, bei denen ein Fremdkörper den Antriebsstrang blockieren und unerwartete Lasten erzeugen kann. In dem zuvor genannten Beispiel wurde die Überlastkupplung mit einem Sensor ausgestattet, der dazu dient zu erkennen, wann die Kupplung aufgrund einer Überlast angesprochen hatte, um die Überlast zu melden.

Auch wenn diese Lösung effektiv war und ihr primäres Ziel, das Fördersystem zu schützen, erfüllte, sah der Kunde eine Reihe von Nachteilen, die er beseitigen wollte. Zunächst bedeutet eine mechanische Kupplung Energieverlust, so dass deren Entfernung aus dem Antriebsstrang die Energieeffizienz des Systems verbessern würde. Dann muss die mechanische Kupplung im Fall einer Überlast teilweise demontiert und neueingestellt werden, was die Ausfallzeit weiter verlängert. Und schließlich ist das mechanische System in sich geschlossen und kennt nur zwei Zustände, d. h. eingerastet oder nichteingerastet.

Durch die Einführung einer intelligenten elektronischen Steuerung kann der Bediener das Überlastmoment flexibel und dennoch präzise vorgeben und den Betrieb kontinuierlich überwachen. So können präventive Wartungsmaßnahmen bei eintretenden Unregelmäßigkeiten eingeleitet werden. Darüber hinaus kann die zentrale Steuerung bei Erkennung einer Überlast die Informationen an die Produktionslinie weitergeben und alle Anlagenteile anhalten bis die Überlast beseitigt ist. Sobald das Problem behoben wurde, kann die Anlage ganz einfach über Netzwerk neu gestartet werden.

Mit der Integration in den Anschlusskasten ist Torque-Control 4.0 bis IP65 geschützt und für eine Vielzahl von Anwendungen mit einer Leistungsaufnahme von bis zu 3 kW ausgelegt. Es eignet sich besonders für Einsätze im Materialtransport, in der Intralogistik oder bei Prozessen, die unter Last angefahren werden und eine hervorragende Energieeffizienz und schonende Leistungsabgabe erfordern. Durch die kontinuierliche Datenerfassung passt es perfekt in die Smart Factory der Zukunft.

Ausgezeichnet für Innovation

Am 2. Juli 2018 wurde Bauer Gear Motor durch die Anerkennung als führendes Unternehmen bei der Umsetzung von Industrie 4.0 von der Allianz Industrie 4.0 Baden-Württemberg - eine Netzwerkinitiative, die darauf abzielt, wichtige Innovatoren zusammenzubringen und Unternehmen auf dem Weg in Richtung Industrie 4.0 zu begleiten - in den Kreis der führenden deutschen Innovatoren aufgenommen. Der Preis wurde von Katrin Schütz, der Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landes Baden-Württemberg, verliehen.

Simon Seybold nahm den Preis gemeinsam mit dem Geschäftsführer von Bauer Gear Motor, Karl-Peter Simon entgegen. Karl-Peter Simon: “Industrie 4.0 ist keine Modeerscheinung oder eine vorübergehende Lösung, sondern der nächste entscheidende Schritt in der Weiterentwicklung der Fertigungstechnik. Seit fast 100 Jahren sind wir Pionier in Sachen Getriebemotortechnik, dabei sind und waren Zuverlässigkeit und Effizienz immer unsere vorrangigen Ziele. Torque-Control 4.0 ist der jüngste Schritt auf unserem Weg und unser erster Schritt in dieses aufregende neue Paradigma der Technik.”